Das Kartellgesetz gibt den indischen Behörden weite Investigations- und Sanktions-möglichkeiten, von denen sie zunehmend Gebrauch machen. Bei einer Vielzahl geschäftlicher Aktivitäten in Indien stellen sich auch wettbewerbsrechtliche Fragestellungen. Dies betrifft insbesondere wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, die zum Beispiel in Kooperations- , Vertriebs-, Arbeit-, und Lizenzverträgen regelmäßig eine Rolle spielen. Gleichermaßen stellen sich kartellrechtliche Probleme bei Joint-Ventures-Vereinbarungen oder Unternehmenskäufen, nämlich unter dem Gesichtspunkt der Fusionskontrolle. Davon abzugrenzen sind wettbewerbsrechtliche Fragestellungen im Sinne des Lauterkeitsrecht, das heißt die Regelungen zu unfairen Geschäftspraktiken.
InDe® Rechtsanwälte Sie beraten zu Ihren Rechten und Pflichten nach dem indischen Kartell- und Wettbewerbsrecht. Ihre geschäftlichen Aktivitäten erhalten somit im Sinne einer Compliance eine Rechtssicherheit, d.h. eine Risikominimierung von kartellrechtlichen Bußgeldverfahren, Umsatzeinbußen, Imageschäden und nichtigen Klauseln. Wir bleiben dabei Ihr Ansprechpartner in Deutschland, der zuverlässig die kulturellen und rechtlichen Hürden in Indien für Sie meistert.
Im Folgenden erfolgt ein Überblick über das indische Lauterkeit- und Kartellrecht:
A. Indisches Kartellrecht
Das Kartellrecht hatte in der Vergangenheit in Indien bei weitem nicht so eine große Bedeutung, wie es in Europa der Fall war. Aufgrund der Marktliberalisierung in Indien bedurfte es jedoch eines neuen modernen Kartellrechts nach westlichen Standards. Nach über Jahre andauernden politischen Diskussionen und einem fast 10 Jahre andauernden Gesetzgebungsprozess ist in Indien mittlerweile nun solch ein neues Kartellgesetz in Kraft getreten: Der Competition Act. Der alte Monopolies and Restrictive Trade Practices Act, ist damit aufgehoben worden.
Das neue Kartellgesetz gibt den indischen Behörden umfangreiche Investigations- und Sanktionsmöglichkeiten. So können die indischen Behörden u.a. - zum Teil mit Richtervorbehalt - Vernehmungen und Durchsuchungen durchführen sowie Dokumente anfordern und beschlagnahmen. Ferner können zur Durchsetzung des Kartellrechts Untersagungsverfügungen erlassen und Ordnungsgelder verhängt werden, wobei diese Geldstrafen bis zu 10 % des Jahresumsatz betragen können.
Wird gegen Anordnungen der indischen Kartellbehörden verstoßen, können erhebliche Geldstrafen und sogar Haftstrafen gegenüber der Geschäftsleitung verhängt werden, also insbesondere gegenüber den Geschäftsführern einer Gesellschaft. Gegen Anordnungen der indischen Kartellbehörden kann Beschwerde bei einem speziell für kartellrechtliche Sachverhalte zuständigem Tribunal erhoben werden, welches die Rechtmäßigkeit der Anordnung unabhängig überprüft. Wie im europäischen Recht gibt es auch in Indien die Möglichkeit, durch eine Selbstanzeige als Kronzeuge bei der Aufdeckung von kartellrechtswidrigen Praktiken mitzuwirken, um so in den Genuss einer Straffreiheit oder von Vergünstigungen zu kommen.
Davon unabhängig sind - wie im deutschen Recht - kartellrechtswidrige Klauseln nichtig und geschädigte Wettbewerber haben einen Schadensersatzanspruch, der - gegebenenfalls sogar im Wege der Sammelklage - zivilrechtlich durchgesetzt werden kann.
Der Competition Act regelt die drei klassischen Säulen des Kartellrechts, nämlich wettbewerbsbeschränkende Absprachen, den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung sowie wettbewerbsbeschränkende Zusammenschlüsse:
I. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen
Gemäß Sec. 3 Competition Act sind wettbewerbsbeschränkende Absprachen unwirksam. Dabei werden sowohl horizontale Absprachen - das heißt Absprachen unter Wettbewerbern auf gleicher Markstufe - als auch vertikale Vereinbarungen auf unterschiedlichen Handelsstufen erfasst. Wie auch im europäischen Kartellrecht werden nicht nur vertragliche Absprachen erfasst, sondern auch so genannte informelle "gentlement agreements".
Da horizontale Absprachen besonders nachteilhafte Auswirkungen auf den Markt haben können, zählt der Competition Act exemplarisch einige Absprachen auf, die per se verboten sind. Dazu gehören insbesondere direkte oder indirekte Preisabsprachen, Absprachen zu Liefer- und Produktionsbedingungen, Absprachen bei Angeboten und Ausschreibungen sowie Vereinbarung, die den Markt, die Produktion oder Dienstleistungen aufteilen. Auch der Austausch von sensiblen Informationen kann unter dem Gesichtspunkt einer Beschränkung des Geheimniswettbewerbs eine Wettbewerbsbeschränkung darstellen. Selbst gemeinsame Forschungs- und Standardisierungsvorhaben von Wettbewerbern können im Einzelfall unter das Kartellverbot fallen.
Allerdings kennt das indische Kartellrecht auch Ausnahmen von dem grundsätzlichen Kartellverbot, nämlich dann, wenn die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung sich faktisch doch vorteilhaft auf den Markt auswirkt. Diese Ausnahmen können insbesondere bei Joint-Ventures greifen, nämlich dann, wenn die fraglichen Absprachen z.B. die Produktion, Lieferung, den Vertrieb oder die Beschaffung von Waren oder Dienstleistungen effizienter machen.
Neben den horizontalen Absprachen können sich auch vertikale Absprachen zwischen Marktteilnehmern auf unterschiedlicher Wirtschaftsstufe negativ auf den Wettbewerb auswirken. Dazu gehören auch die in Europa bekannten Praktiken, wie zum Beispiel Verkaufsbeschränkungen, Kopplungsangebote, Kondition- und Preisbindungen und ausschließliche Bezugs- und Vertriebsbindungssysteme. Allerdings ist bei Vertikalabsprachen stets der genaue Einzelfall zu untersuchen, da solche Fälle auch unter dem Gesichtspunkt der "Rule of Reason" zulässig sein können.
In Lizenzverträgen, in denen Nutzungsrechte an geistigen Eigentumsrechten eingeräumt werden, stellt der Competition Act klar, dass solche wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen vom Kartellverbot ausgenommen sind, die durch die Ausschließlichkeitsbefugnisse des entsprechenden Schutzrechts gedeckt sind. Der Wortlaut des Competition Act, 2002 erinnert insofern an den "Infringement-Test", der auch in Deutschland bekannt ist. Damit sind also Lizenzverträge besonders sorgfältig dahingehend zu prüfen, ob zum Beispiel die in Lizenzverträgen oft auftauchenden Gebietslizenzen, Kopplungsverträge, Nichtangriffsklauseln oder exklusive Vertriebsbindungen noch von dem jeweiligen Schutzrecht gedeckt sind.
Neben dem Competition Act ist bei jedem Vertrag auch stets Sec. 27 Contract Act, 1872 zu beachten. Danach ist jede Abrede, die eine Vertragspartei in ihrer wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit beschränkt, nichtig. Nur im Falle von Unternehmensveräußerungsverträgen stellt Sec. 27 Contract Act eine Ausnahme auf und erklärt wettbewerbsbeschränkende Abreden für zulässig, wenn das Gericht die Beschränkungen für angemessen hält. Sec. 27 Contract Act wird von den indischen Gerichten äußerst restriktiv interpretiert, so dass viele aus westlicher Sicht durchaus übliche Klauseln - wie z.B. nachvertragliche Wettbewerbsverbote - in Indien nichtig sein könnten. | | II. Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
Ebenso kennt das neue indische Kartellgesetz das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Im Einzelfall ist also zunächst zu prüfen, ob das jeweilige Unternehmen überhaupt eine marktbeherrschende Stellung innehat. Übliche Kriterien sind regelmäßig die Marktgröße und Struktur des Marktes sowie die Marktmacht der Wettbewerber. Liegt eine marktbeherrschende Stellung vor, ist der Missbrauchstatbestand zu prüfen. Die indischen Kartellbehörden haben in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass sie die Missbrauchskontrolle ernst nehmen und in der Praxis dagegen mit ihren zur Verfügung stehenden Sanktionsmitteln vorgehen. So wurden bereits mehrere kartellrechtliche Verfahren aufgenommen, unter anderem gegen Indiens größte Börse, indische Fluggesellschaften, Immobilienunternehmen, Google, Apple und Facebook, wobei in einigen Fällen auch hohe Bußgelder durch die indischen Kartellbehörden verhängt worden sind.
III. Fusionskontrolle
Werden Anteile, Stimmrechte oder Vermögenswerte an einem anderen Unternehmen erworben, kann der Erwerber die Kontrolle über die wettbewerbsrechtliche Betätigung des anderen Unternehmens übernehmen bzw. zumindest diese beeinflussen. Auch damit kann der freie Wettbewerb im Markt beschränkt werden. Jegliche Form der Macht- und Kontrollübernahme, insbesondere bei Unternehmenskäufen oder Zusammenschlüssen, unterfallen daher klassischerweise dem Kartellrecht. Da das Kartellrecht jedoch nur negative Auswirkungen erfassen will, die sich spürbar auf die Volkswirtschaft auswirken können, kennt auch das indische Kartellgesetz bestimmte Schwellenwerte, die darüber entscheiden, ob die Fusionskontrolle überhaupt anwendbar ist. Die Schwellenwerte basieren auf dem Unternehmenswert und den Umsatz der einzelnen und der zusammengefassten Unternehmen bzw. Gruppen. Wird Vermögen übernommen, sind die in den Jahresabschlüssen ermittelten Buchwerte maßgeblich.
Unterfällt der Kontrollerwerb nach den im indischen Kartellgesetz normierten Schwellenwerte der Fusionskontrolle, muss der relevante Zusammenschluss innerhalb von 30 Tagen ab der Beschlussfassung bzw. der Vereinbarung gegenüber den indischen Kartellbehörden angezeigt werden. Nach dem Gesetz muss die indische Kartellbehörde innerhalb von maximal 210 Tagen eine verbindliche Entscheidung treffen, sollte aber bereits nach 30 Tagen eine erste Abschätzung abgeben. Solange die indische Kartellbehörde keine verbindliche Entscheidung getroffen hat, gilt ein Vollzugsverbot. Zum einen sollten daher etwaige Verträge unter dem Vorbehalt der Genehmigung der indischen Kartellbehörde geschlossen werden, zum anderen sollte möglichst frühzeitig eine Meldung an die indische Kartellbehörde erfolgen, um die geplante Transaktion nicht unerheblich zu verzögern. Bei dieser Meldung ist den indischen Kartellbehörden darzulegen, dass die Vorteile, die durch den Zusammenschluss entstehen, den wettbewerbsbeschränkenden Nachteilen überwiegen. Dazu kann unter anderem gehören, dass durch die Transaktion eine Preisreduzierung, Verbesserung der Qualität der Waren oder gar die Insolvenz des zu erwerbenden Unternehmens abgewendet wird.
B. Indisches Lauterkeitsrecht
Die Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb sind maßgeblich im Consumer Protection Act normiert, wobei dieses Gesetz auch Produkthaftungsfälle erfasst. Fälle von wettbewerbsrechtlichem Know-How Schutz (siehe dazu die Rubrik "Patent- und Know-How Schutz") unterfallen dem Consumer Protection Act jedoch nicht,; auch nicht erfasst ist z.B. der Schutz geografischer Herkunftsangabe (siehe dazu die Rubrik "Markenrecht und Designrecht").
Der Consumer Protection Act gibt eine Generalklausel zur Definition einer unlauteren Geschäftspraxis und stellt sodann diverse Beispiele zur Verfügung, die unter diese Generalklausel fallen. Dazu gehören insbesondere falsche Angaben über die Produkte (Quantität, Qualität, Inhaltsstoffe etc.), irreführende Werbung oder unlautere Preiswerbung. Grundsätzlich scheinen die indischen Gerichte den Begriff der unfairen Geschäftspraxis weit auszulegen. So sei grundsätzlich jede Werbemaßnahme falsch und unfair, wenn aus der Sicht eines vernünftigen Durchschnittsverbrauchers Angaben über das beworbene Produkt oder die Dienstleistung gemacht werden, die das Produkt bzw. die Dienstleistung tatsächlich gar nicht aufweist.
Andererseits haben die Gerichte im Bereich der vergleichenden Werbung bislang einen sehr liberalen Ansatz gewählt. So sei es nach Ansicht der indischen Gerichte eine übliche Erscheinung in der vergleichenden Werbung, dass sich über die Waren des Markeninhabers lustig gemacht werde und die Vorzüge der eigenen Waren betont würden. Die Öffentlichkeit würde Übertreibungen in der Regel erkennen, und kein vernünftiger Beobachter würde von einem Gewerbetreibenden erwarten, dass er alle Vorzüge des Geschäfts seines Konkurrenten hervorhebe. Weiterhin entspricht es ständiger indischer Rechtsprechung, dass Alleinstellungs- und Spitzenstellungsbehauptung jedenfalls dann wettbewerbsrechtlich unbedenklich seien, solange fremde Waren nicht herabgesetzt würden. Es sei daher z.B. zulässig zu behaupten, dass die eigenen Waren die besten der Welt, alle anderen Waren veraltet bzw. überflüssig oder die eigenen Waren besser als die der Konkurrenten seien, und zwar selbst dann, wenn diese Aussagen objektiv nicht wahrheitsgemäß seien. Die Grenze zur Unzulässigkeit sei erst dann überschritten, wenn man z.B. behaupte, dass die Waren des Konkurrenten schlecht oder gar gefährlich seien oder wenn die Werbeaussage derart täuschend sei, dass das Käuferverhalten bei einem erheblichen Anteil der in Betracht kommenden Konsumenten beeinflusst werde. Dabei könne auch dann ein Unterlassungsanspruch bestehen, wenn die Produkte des Konkurrenten nicht direkt benannt würden, da das Vorliegen einer unlauteren Werbemaßnahme keinen direkten Bezug zum Wettbewerber voraussetze.
Allgemein lässt sich beobachten, dass das indische Lauterkeitsrecht - im Vergleich zu Deutschland - noch eine unterentwickelte Rechtsmaterie darstellt. Denn es gibt eine Vielzahl von Geschäftspraktiken, deren (Un-)Zulässigkeit in Deutschland bereits eindeutig geregelt ist, zu denen es in Indien jedoch überhaupt noch keine gesicherte Rechtsprechung gibt. Dies mag vor allem auch daran liegen, dass entsprechende lauterkeitsrechtliche Klageverfahren von Unternehmen in Indien bislang selten angestrengt werden. Sollen daher unlautere Geschäftspraktiken gerichtlich überprüft werden, muss dies entweder auf Initiative der entsprechenden indischen behördlichen Institutionen, Verbraucherschutzverbände oder durch einen Verbraucher geschehen, der jedoch angesichts der langen Dauer von indischen Gerichtsverfahren - speziell zum Lauterkeitsrecht gibt es eine dreistufige Verbrauchergerichtsbarkeit - diesen Weg wohl oftmals scheut und die Sache eher auf sich beruhen lässt. Das Lauterkeitsrecht hat daher in Indien bislang bei weitem nicht die Bedeutung im Wirtschaftsverkehr erlangt, wie es in Deutschland der Fall ist. Nichtsdestotrotz sollten die Regelungen des Consumer Protection Act nicht vernachlässigt werden, da das Gesetz einen sehr weiten Anwendungsbereich hat und wohl dann mehr Bedeutung erlangen wird, wenn auch Unternehmen das Lauterkeitsrecht als Anknüpfungspunkt für Unterlassungsverfügungen gegen Konkurrenten für sich entdecken. | |
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