Allgemeines Vertragsrecht & AGBs

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Das indische Rechtssystem folgt dem Common Law. Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, müssen Verträge daher umfassend formuliert werden.

Das indische Rechtssystem ist stark vom englischen Recht geprägt und steht damit in der Tradition des sog. "Common Law". Anders als in Deutschland gilt in Indien nicht der Grundsatz, dass im Falle einer fehlenden vertraglichen Regelung hilfsweise die gesetzlichen Regelung Anwendung finden. Vielmehr entspricht es dem Grundsatz der Common Law-Rechtsordnung, dass die Parteien in ihrem Vertrag selbst alles regeln müssen. Dies führt in der Praxis zu Verträgen, die sehr lang und ausführlich formuliert sind. Eine sorgfältige Vertragsgestaltung ist daher in Indien besonders wichtig. Denn nur ein sorgfältig und präzise formulierter Vertrag lässt den Parteien kein Spielraum für Auslegungen und Streitigkeiten und hilft so, einen späteren Rechtsstreit mit den indischen Geschäftspartnern möglichst im Vorfeld zu vermeiden. Dies ist in Indien besonders wichtig, da Gerichtsverfahren sehr lange dauern können (siehe Fachgebiet Prozessführung in Indien). InDe® Rechtsanwälte entwerfen, gestalten und überprüfen Ihre Verträge nach indischem Recht. Natürlich führen wir im Auftrag unserer Mandantschaft auch Vertragsverhandlungen durch oder sind bei Mediationsverfahren behilflich. Wir fungieren dabei als Ihre externe Rechtsabteilung in Deutschland, d.h. wir bleiben Ihr Ansprechpartner in Deutschland, der zuverlässig die kulturellen und rechtlichen Hürden in Indien für Sie meistert. InDe® Rechtsanwälte ist als eine der wenigen Anwaltskanzleien in Deutschland auch für die Beratung im indischen Recht haftpflichtversichert. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über das indische Vertragsrecht gegeben werden:

1. Allgemeine Grundsätze des Vertragsrecht Rechtsquellen des indischen Vertragsrechts Das indische Rechtssystem hat aufgrund der langjährigen britischen Kolonialzeit seinen Ursprung im sog. "Common Law". Viele der heute geltenden Gesetze beruhen daher noch auf britischer Rechtssetzung und wurden über die Jahre hinweg durch sog. "Amendments" angepasst. Gemäß des Common-Law-Prinzips haben neben den gesetzlichen Bestimmungen (Statutes, Acts) auch Entscheidungen der obersten Gerichte (Supreme Court und High Courts) eine Art "Gesetzeskraft", da die Entscheidungen als Präzedenzfälle (Precedents) Bindungswirkung gegenüber nachrangigen Gerichten entfalten. Denn wegen der sog. "stare decisis rule" dürfen die unteren Gerichte grundsätzlich nicht von den Rechtsgrundsätzen vergangener Gerichtsentscheidungen abweichen.

In Indien besteht darüber hinaus noch eine faktische Präjudizwirkung englischer Gerichtsentscheidungen. Daher kann unter Umständen sogar das europäische Gemeinschaftsrecht einen mittelbaren Einfluss auf die indische Rechtsprechung haben, da europäische Richtlinien und EuGH-Entscheidungen regelmäßig von englischen Gerichten zur Auslegung herangezogen werden. Nur in wenigen Rechtsgebieten ist darüber hinaus auch das vom Hinduismus und Islam beeinflusste indische Gewohnheitsrecht zu berücksichtigen, so insbesondere im indischen Familien- und Erbrecht. In Indien gelten die Grundsätze der Vertragsfreiheit (General Freedom of Contract). Danach ist es jedermann gestattet, Verträge abzuschließen, die sowohl hinsichtlich des Vertragspartners als auch des Vertragsgegenstandes frei bestimmt werden können, soweit sie nicht gegen zwingendes Recht, gesetzliche Verbote (Unlawful Object) oder die guten Sitten (Public Policy) verstoßen. Das indische Vertragsrecht findet seine gesetzlichen Grundlagen im Indian Contract Act, 1872 (ICA, 1872) und wird beispielsweise für das Kaufvertragsrecht durch den Sale of Goods Act, 1930 ergänzt. Die darin enthaltenen Bestimmungen sind weitestgehend dispositiv, d.h. sie gelten nur, sofern nichts anderes zwischen den Vertragsparteien vereinbart wird.

Zustandekommen von Verträgen

Ein Vertrag (Contract) ist gemäß Sec. 2 (h) ICA, 1872 eine rechtlich durchsetzbare Vereinbarung (Agreement) zwischen mindestens zwei Parteien, wobei eine Vereinbarung durch Angebot (Proposal) und Annahme (Acceptance) zustande kommt. Dabei müssen Angebot und Annahme nicht schriftlich erklärt werden, sondern können mündlich oder konkludent erfolgen (Sec. 9 ICA, 1872). Die Wirksamkeit einer Vereinbarung hängt insbesondere davon ab, ob für die Leistung eine hinreichende Gegenleistung (Consideration) vereinbart worden ist. Andernfalls wäre der Vertrag - von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen - nach Sec. 25 ICA, 1872 nichtig. Das Rechtsprinzip der Consideration hat allerdings auf gegenseitige Verträge (z.B. Kaufvertrag) praktisch keine Auswirkungen. Bei einseitig verpflichtenden Verträgen (z.B. Schenkungsvertrag iSv § 516 BGB) muss hingegen zusätzlich ein Vertrauenstatbestand (Promissory Estoppel) vorliegen, damit die Schenkung wirksam wird. Die Vertragsparteien können sich auch von Dritten vertreten lassen, Sec. 182 ff. ICA, 1872. Den Umfang der Stellvertretung kann der Vertragspartner grundsätzlich frei bestimmen. Schriftformerfordernisse und Registrierungspflichten In Indien unterstehen Verträge grundsätzlich keiner Formvorschrift. Falls für einen Vertrag eine bestimmte Form erforderlich ist, wird diese ausdrücklich im Gesetz erwähnt. In einigen gesetzlich geregelten Fällen wird aber eine Schriftform und/oder Registrierung verlangt, so z.B. für Grundstückskaufverträge und Verfügungen, Gründung von Kapitalgesellschaften, Übertragung von Gesellschaftsanteilen, Ausbildungsverträgen, Verträge mit Filmbeteiligten, Schiedsvereinbarungen, Übertragung von geistigen Eigentumsrechten und Schenkungen. Dies ergibt sich u.a. aus dem Indian Registration Act, 1908, dem Companies Act, 1956 bzw. den entsprechenden Spezialgesetzen. Darüber hinaus erscheint es empfehlenswert, wichtige Verträge mit Stempelmarken (Stamping) zu versehen, da Verträge auf gestempeltem Papier vor Gericht eine größere Beweiskraft entfalten. Stempelmarken sind gegen Zahlung der Stempelsteuer (Stamp Duty) erhältlich. Der Wert einer Stempelmarke richtet sich nach dem Indian Stamp Act.

Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

Eine gesetzliche Grundlage für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), vergleichbar der §§ 305 ff. BGB, ist dem indischen Recht unbekannt. Ihre Verwendung ist in Indien dennoch zulässig und im Geschäfts- und Rechtsverkehr durchaus gebräuchlich. Die wirksame Einbeziehung von AGB setzt zunächst voraus, dass sie als Vertragsdokument erkennbar in den Vertrag aufgenommen wurden. Sofern die AGB lediglich auf der Rückseite eines Vertragsdokumentes abgedruckt sind, hat der Verwender auf der Vorderseite darauf hinzuweisen. Werden die AGB erst nach Vertragsschluss eingeführt, bedarf es zur wirksamen Einbeziehung einer nachträglichen Zustimmung der anderen Vertragspartei. Wie in Deutschland kommt der Inhaltskontrolle von AGB eine entscheidende Bedeutung zu. Die indischen Gerichte legen AGB-Klauseln in der Regel streng aus. Unklarheiten gehen grds. zu Lasten des Verwenders. Daher sind die Klauseln klar und eindeutig zu formulieren. Hervorzuheben ist, dass die Haftung weiter als nach deutschem Recht ausgeschlossen bzw. beschränkt werden kann. Vertragsverletzungen (Breach of Contract) Sowohl vertragliche Leistungsstörungen als auch Gewährleistungsfälle werden nach indischem Recht einheitlich als Vertragsverletzungen bezeichnet (Breach of Contract). Damit nimmt das Gewährleistungsrecht - anders als im deutschen Recht - keine Sonderstellung ein. Bei Vorliegen einer Vertragsverletzung kann die vertragstreue Partei je nach Art der vertraglichen Pflichtverletzung unterschiedliche Rechte (Remedies) geltend machen. Unter die Remedies fallen der Anspruch auf Erfüllung (Specific Performance), auf Schadensersatz (Damages) und auf Unterlassung (Restraint). Darüber hinaus bestehen noch Gestaltungsrechte, wie Minderung (Diminuition), Rücktritt (Rescission of Contract) und Kündigung (Termination for Default). Chapter VI des Indian Contract Act, 1872 (Sections 73 und 74) regelt die vertraglichen Schadensersatzansprüche. Demnach hat die vertragsbrüchige Partei alle Nachteile zu ersetzen, die aus ihrem haftungsbegründenden Verhalten resultieren. Im Kaufrecht ist zu unterscheiden, ob eine sog. Condition oder Warranty verletzt wurde, wobei wiederum zwischen express und implied warranties zu unterscheiden ist. Auch sollte besonderen Wert auf die Regelungen zum Verzug gelegt werden, da in Indien Termine und Lieferfristen nicht immer eingehalten werden. Da es in Indien kein gesetzliche Regelung gibt, sollte genau festgehalten werden, welche Rechtsfolgen im Falle eines Verzugs eintreten sollten, wie z.B. Schadenersatz, Vertragsstrafe und/oder Rücktrittsrecht.

Allgemeine Verjährung

Die Verjährung von Ansprüchen richtet sich nach dem Limitation Act, 1963, der die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, die Berechnung der Verjährungszeit und im Anhang die spezifischen Verjährungstatbestände regelt. Danach gilt für vertragliche Ansprüche regelmäßig eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Deliktische Ansprüche verjähren nach einem bzw. zwei Jahren und immobiliarrechtliche Ansprüche nach zwölf bis dreißig Jahren. Die indischen Gerichte berücksichtigen die Verjährungsfristen von Amts wegen; im Prozess muss der Kläger mithin nicht erst die Einrede der Verjährung erklären. Gleichwohl sollte eine Verjährungseinrede natürlich aus Gründen der anwaltlichen Sorgfalt erfolgen.

   










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